Am 18. Juni 2024 veranstaltete die U Bremen Research Alliance (UBRA) mit ihren Mitgliedsinstitutionen und weiteren Initiativen den zweiten Tag der Forschungsdaten unter dem Motto „Storing and using research data. Responsibly. Together.“ Der Tag der Forschungsdaten (TdF) in Bremen bot allen Forschenden sowie Fachkräften in Verwaltung und Technik Einblicke in bewährte Verfahren und aktuelle Herausforderungen im Umgang mit Forschungsdaten. Dabei tauschten sich die Teilnehmenden mit Datenexpert:innen und Kolleg:innen verschiedener Disziplinen aus. Die Veranstaltung gliederte sich in ein Tagesprogramm (9 - 15 Uhr) auf dem Campus der Universität Bremen und eine öffentliche Abendveranstaltung (ab 17:30 Uhr) im "Haus der Wissenschaft".
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Workshops und Vorträge
Die am Vormittag angebotenen Workshops und Vorträge spiegelten die Vielfältigkeit der Akteure innerhalb der UBRA wider: Gesundheitswissenschaften, Künstliche Intelligenz, Geisteswissenschaften, Biologie, Wirtschaftswissenschaften, Sozialwissenschaften und Materialwissenschaften. Disziplinen übergreifend fanden der Workshop vom Data Science Center der Universität Bremen und das World Café statt.
Das World Café bot eine Reihe thematischer Diskussionen an verschiedenen Tischen, um spezifische Aspekte des Umgangs mit Forschungsdaten in verschiedenen Disziplinen zu vertiefen und interdisziplinäre Synergien zu finden. Disziplinen, die an den fünf Tischen behandelt wurden, waren: öffentliche Gesundheit, Natur- und Umweltwissenschaften, Sozialwissenschaften, Materialwissenschaften und Ingenieurwesen. Durch lebhaften Erfahrungsaustausch über Vorgehensweisen wurden Good Practices identifiziert, und Hindernisse sowie Optimierungen im Forschungsdatenmanagement (FDM) gemeinsam diskutiert. So vielfältig wie die Angebote waren auch die zahlreichen Teilnehmenden, die sich aus Forschenden der UBRA-Mitgliedseinrichtungen sowie Datenexpert:innen aus norddeutschen Einrichtungen zusammensetzten.
Informationsinseln
Zeitgleich zu den Vorträgen und Workshops in der SuUB standen in der Glashalle der Universität Bremen Datenexpert:innen zum Austausch an Informationsinseln bereit. Vertreten waren die NFDI-Konsortien (Nationale Forschungsdateninfrastruktur) mit Bremer Beteiligung, das Bremer Datenkompetenzzentrum "DataNord“, die Materialwissenschaften am Gemeinschaftsstand von Leibniz IWT, MAPEX-CF & Fraunhofer IFAM, Qualiservice, KonsortSWD & QualidataNet an einem Gemeinschaftsstand, Leibniz ZMT, Gesellschaft für Biologische Daten (GFBio e.V.), AWI-Datenzentrum (AWIO2A), PANGAEA und SuUB.
Abendveranstaltung im Haus der Wissenschaft
Bei der öffentlichen Abendveranstaltung „Daten verantwortungsvoll nutzen – Forschungsdaten für die Gesellschaft“ ab 17:30 Uhr im Haus der Wissenschaft wurden die ethischen und gesellschaftlichen Auswirkungen der Nutzung von Forschungsdaten in Vorträgen und in einer Podiumsdiskussion thematisiert. Moderiert hat Felix Krömer von Radio Bremen.
Prof. Dr.-Ing Rainer Fechte-Heinen, Vorsitzender des Direktoriums Leibniz-Institut für Werkstofforientierte Technologien-IWT und stellv. Vorsitzender UBRA, begrüßte die zahlreichen Teilnehmenden herzlich im Namen der UBRA. Er stellte die Rolle und Bedeutung der UBRA am Wissenschaftsstandort Bremen in den Bereichen FDM und Data Science vor. Dabei ging er auf die gut funktionierende Zusammenarbeit innerhalb der UBRA und die dadurch erzielten Erfolge ein, wie die Förderung des interdisziplinären Datenkompetenzzentrums DataNord für die Region Bremen, welches Angebote für Forschende aller Disziplinen und Karrierestufen in den Bereichen Lernen, Vernetzen, Beraten schafft.
Ein Highlight war die Verleihung des Data Champion Awards 2024 durch Prof. Dr.-Ing Rainer Fechte-Heinen im Namen von DataNord. Für das Jahr 2024 wurde Dr. Norbert Riefler vom Leibniz-Institut für Werkstofforientierte Technologien - IWT ausgewählt. Er wird für seine Leitung des Data Steward Netzwerks der UBRA, sein hervorragendes Engagement und seine Mitwirkung bei Aktivitäten rund um FDM und Open Science geehrt. Zudem hat er zum Aufbau eines strukturierten, ganzheitlichen Datenmanagements am IWT beigetragen und die Etablierung des Electronic Lab Notebooks eLabFTW vorangetrieben.
Prof. Dr. York Sure-Vetter, Direktor der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI), präsentierte eine umfassende Übersicht über die Ziele von NFDI, Empfehlungen und Förderungen. Die Vision von NFDI lautet "Daten als gemeinsames Gut für exzellente Forschung". Zum Aufbau einer vernetzten Informationsinfrastruktur gehören die Entwicklung nachhaltiger Dienste und Metadatenstandards sowie die Integration in europäische und internationale Plattformen. Ein weiteres Ziel ist die Nachnutzung bestehender Daten, wobei die Integrität, die Qualität und der Schutz dieser Daten gewährleistet werden sollen. NFDI wird durch die Wissenschaft in Deutschland getragen und unterstützt.
Von den nationalen Bestrebungen führte das Programm in der zweiten Keynote auf die internationale Bühne. In seinem Vortrag "European Open Science Cloud: A Google for Research Data?" untersuchte Prof. Dr. Klaus Tochtermann, Direktor des Leibniz-Informationszentrums Wirtschaft - ZBW, das Konzept, die Zielgruppe und die Ziele der European Open Science Cloud (EOSC) im Vergleich zu Google. Am Ende kam er zu dem Schluss, dass EOSC nicht beabsichtigt, ein "Google für Forschungsdaten" zu sein oder zu werden. Ihr Ziel ist es vielmehr, ein kooperatives und offenes Umfeld für wissenschaftliche Forschung in Europa zu schaffen, das sich deutlich vom kommerziellen Modell Googles unterscheidet.
Prof. Dr. York Sure-Vetter, Direktor der NFDI, weist darauf hin, dass Datenkompetenz gelehrt werden sollte. "Schon heute müssen wir uns damit beschäftigen, ob unsere Smartwatch Daten sammeln darf, die mit Forschenden geteilt werden könnten, d.h. selbst im alltäglichen Leben stellt sich häufig die Frage der Datenteilung. Als Forschende wünschen wir uns, grundsätzlich mehr hochwertige Daten zur Verfügung zu haben. "In Deutschland insgesamt gäbe es beispielsweise viele Daten zu Krankheiten, die aber oft nicht geteilt werden dürfen. Patient:innen müssten noch besser darüber informiert werden, was Datenbereitstellung zur Gesundheitsforschung und Verbesserung von Therapien beitragen kann. Grundsätzlich sieht Sure-Vetter zwei extreme Meinungslager: Personen, die Daten gar nicht teilen wollen, und solche, die alles teilen.
"Ausgewogenheit erlangen wir, indem Datenkompetenz gelehrt wird."
Prof. Dr. York Sure-Vetter
Auf die Frage, welche Gefahren bei fehlender Datenkompetenz bestehen, weist Prof. Dr. Klaus Tochtermann, Direktor des Leibniz-Informationszentrums Wirtschaft – ZBW, auf den Trend der alternativen Fakten hin. KI dürfe nicht alles geglaubt werden und es müsse ein Bewusstsein bei den Menschen entstehen, dass Fakten vorsätzlich verschoben werden.
Prof. Dr. Iris Pigeot, Direktorin des Leibniz-Instituts für Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS, wünscht sich, dass Datenkompetenz noch stärker in den Schulen gelehrt wird, nicht nur als reine Methode, sondern auch in der Anwendung. Der Risikobegriff muss beispielsweise verstanden werden und die Bedeutung statistischer Kennzahlen. Sie ist immer wieder überrascht, wie Plattformbetreiber (Google, Twitter, x, TikTok) wie gute Freunde behandeln, als wären die eingegebenen Daten bei ihnen sicher und in guten Händen, aber Forschungsprojekten trotz der dann geltenden und angewandten Datenschutzbestimmungen und mit klaren Ziel einer Zustimmung der Datenteilung skeptisch gegenüberstehen.
Prof. Dr. Sophia Hunger, Professorin für Computational Social Sciences an der Universität Bremen, hebt die Rolle der Wissenschaftskommunikatoren hervor. Forschende sollten Medientrainings bekommen und die Teilung von Forschungsergebnissen sollte eine genauso hohe Wertigkeit und Anerkennung bekommen, wie wissenschaftliche Publikationen. Hier braucht es mehr Anreiz und ein Umdenken in der Politik und Wissenschaft, so dass Forschende Lust haben ihre Arbeiten medientauglich und verständlich aufzuarbeiten. Gleichzeitig ist es wichtig, dass auch Journalisten ausreichend Datenkompetenz besitzen und dadurch Daten richtig interpretieren und Aussagen mit Studien belegen.
Auch Tochtermann unterstützt das Umdenken. Die Wissenschaft muss sich der Gesellschaft mehr öffnen. Es sollte noch mehr Aufgabe der Forschenden sein, dass die Inhalte kommuniziert werden.
Einig sind sich alle, dass Datenkompetenz in Schulen anwendungsnah gelehrt werden sollte. Dafür braucht es Aktionen und Engagement der Älteren, die in der Position sind, etwas zu verändern. Aktive Kommunikation von Forschenden sollte durch Anerkennung attraktiver gemacht werden. Wissenschaft ist mehr als nur Publikation.
Im Anschluss an das Programm hatten die Teilnehmenden bei Getränken und kleinen Köstlichkeiten die Gelegenheit, Diskussionen fortzuführen, mit und untereinander ins Gespräch zu kommen und Kontakte in wissenschaftlichen Disziplinen, Politik und Gesellschaft zu knüpfen.